GPS Chips in der Kleidung

vom 24.06.2008, 18:25 Uhr

Hallo zusammen!

Mich beschäftigt im Moment folgende Überlegung: Seit einer Weile gibt es von Herstellern von Sportbekleidung, wie etwa O'Neill Jacken, in die ein GPS-Chip eingebaut ist, der seine Positionsdaten ermitteln und sie an ein Endgerät übertragen kann. Der Sinn des Ganzen ist es, dass im Falle eines Unfalls oder wenn der Träger sich verirren sollte, er mit Hilfe dieses GPS-Chips geortet und geborgen werden kann. Bis dahin finde ich das erstmal eine coole, praktische Sache.

Nun haben wir kürzlich diskutiert, ob diese Technik nicht auch außerhalb des Freizeitbereiches einsetzbar wäre. Als erstes Beispiel fiel uns dafür Kinderkleidung ein. Der Chip wäre in die Jacke, die Schuhe oder die Jeans integriert und Mama weiss immer, wo ihr Junior gerade steckt. Damit erspart sie sich eine Menge Sorgen, wenn der Sprößling mal wieder später als abgesprochen vom Spielplatz oder der Verabredung nach Hause kommt. Sollte dann tatsächlich mal ein Kind entführt werden, kann die Polizei, zumindest theoretisch, seinen Standort jederzeit bestimmen und handeln. Damit wären dann Fälle, wie die von Sabine Dardenne und ihren Leidensgenossinnen, die wochenlang gefangen gehalten wurden, undenkbar. So weit, so gut.

Nun aber die Problematik des Ganzen: Will man das als Kind überhaupt? Es hat doch einen gewissen Reiz, wenn man mal heimlich was macht, ohne dass Mama und Papa das wissen. Und wenn man ins Teenageralter kommt, wird man wohl erst recht allergisch auf ein solches Ansinnen der Eltern reagieren. Bis wohin haben Eltern dann das Recht auf der Nutzung eines solchen Gerätes zu bestehen?

Ein weiteres Beispiel, das uns in den Sinn kam, wäre der Bereich der alten Leute oder auch Insassen von Psychatrien oder Ähnlichem. Oft genug hört man von alten oder verwirrten Leuten, die vermisst werden und wo die Polizei im Radio um Hinweise über den Verbleib bittet. Ein GPS-Chip in der Kleidung würde dieses Problem leicht beheben können: Ist der Opa abgängig, so schaltet man den Empfänger ein und sieht, wo er ist. Hier ergibt sich dasselbe Problem wie oben: Wer entscheidet über den Einsatz eines solchen Chips? Dürfen Söhne und Töchter über den Kopf ihrer Eltern hinweg entscheiden, dass diese einen solchen Chip zu tragen haben, damit sie sich nicht sorgen müssen? Hat nicht auch ein älterer, vielleicht verwirrter Mensch ein Anrecht auf Privatsphäre?

Das letzte Beispiel, was uns dazu einfiel war der Einsatz im Bereich des Strafrechts: Aus unerfindlichen Gründen bekommen ja auch Kinderschänder und -mörder immer wieder Hafturlaub. Dabei kommt es häufig vor, dass diese gleich wieder aktiv werden. Ein Chip, mit dem man sie "beobachten" kann, könnte der Polizei sofort Auskunft darüber erteilen, wenn die Freigänger sich Kindergärten, Schulen, Spielplätzen oder Jugendzentren nähern, so dass die Leute gezielt überwacht und die Kinder geschützt werden könnten. Natürlich wäre ähnliches in der Terrorbekämpfung möglich, wo man dann ohne nächtelang die Wohnung zu beobachten verfolgen könnte, wo Verdächtige sich aufhalten und ob sie sich eventuell mit anderen Verdächtigen, ebenfalls mit einen Chip bestückt, treffen.

Diese drei Szenarien sind natürlich nur Beispiele, aber man kann das Ganze auch beliebig weiterspinnen: Der Chef, der überprüft ob sein krank geschriebener Angestellter tatsächlich daheim ist und so weiter. Am Ende landet man bei 1984, einem gläsernen Bürger, der durch den Staat völlig kontrolliert wird. Natürlich reichen GPS-Chips dafür nicht aus, sie sind nur ein Apekt des Ganzen.

Aber alle Dinge, die oben beschrieben sind, sind ja von der Grundidee erstmal nützlich: Kinder und Alte zu schützen, den Staat vor Verbrechern zu bewahren. Aber wo werden die Grenzen gezogen? Heiligt der Zweck irgendwann die Mittel und die Überwachung ist unbegrenzt?

Ich bin da ein bischen zwiegespalten und weiss nicht so richtig, was ich davon halten soll. Wie gesagt, die Vorstellung mein Kind jederzeit finden zu können ist beruhigend. Aber will ich kontrollierbar sein, durch meinen Chef, meine Eltern, meine Kinder, den Staat?

Wie seht ihr die Sache?

Gruß
Sorcya

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich finde es grundsätzlich eine Gute Idee "hilfsbedürftigen" Menschen, sprich Kinder, alte Menschen oder Behinderten dadurch eine Sicherheit zu geben im Notfall gefunden werden zu können.

Einen großen Nachteil, den die Hersteller offensichtlich noch nicht bedenken oder schlicht ignorieren sehe ich in der Kennzeichnung dieser Jacken. Vor einiger Zeit habe ich im Geschäft eine Jacke mit GPS-Empfänger gesehen, welcher mit großen Buchstaben auf der Jacke selber gekennzeichnet war. Ein potentieller Entführer wurde die Jacke also sofort als solche erkennen und wenn er ein Kind entführen würde, die Jacke wohl an Ort und Stelle ausziehen. Dadurch würde die Technik nutzlos und dem Kind ist damit wohl auch nicht geholfen. Erst wenn die Technik zum Standard gehört und eine Kennzeichung fehlt, macht es Sinn.

Den gläsernen Menschen kann ich darin auch nicht sehen, denn es ist wohl in gegenseitigem Interesse von Eltern und Kind, dass man im Notfall den Standort bestimmen kann. Der Staat hat ja dadurch nicht mehr Informationen über den Bürger, sondern nur die Eltern über ihr Kind.

In den USA und in einigen europäischen Ländern wie Schweden oder England, gibt es die Methode, Gefangenen elektronische Fussfesseln anzulegen und die Menschen dadurch ebenfalls (jedoch unfreiwillig) über GPS zu orten. Dies ist natürlich eine Sache zwischen Staat und Bürger und somit aus meiner Sicht anders zu betrachten als eine freiwillige GPS-Kennung zwischen Eltern und Kind.

Das Recht auf Privatssphäre sehe ich also ebenfalls getrennt zwischen Eltern/Kind und Staat/Gefangenem. Wenn ein Straftäter im Gefängnis sitzt, weiß "der Staat" ja auch wo er sich befindet. Die elektronische Fussfessel wäre ja nur eine (bessere) alternative zum Gefängnisaufenthalt für den Gefangenen und würde ihn draußen vor weiteren Straftaten eventuell abhalten.

Bei Kindern, die ja schon oft Handys dabei haben, besteht die Ortungsmöglichkeit doch heute schon und viele Eltern nutzen das bereits.

» stifler » Beiträge: 427 » Talkpoints: 46,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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