Rechtfertigt jede Privatverschuldung eine Insolvenz?

vom 01.06.2012, 21:29 Uhr

Rechtfertigt es, wenn man privat verschuldet ist, immer eine Privatinsolvenz? Wann kann man in Privatinsolvenz gehen? Wie viel Schulden muss man haben? Reichen Versandhausschulden, die man nicht mehr bezahlen kann? Rechtfertigt es bei allen privaten Verschuldungen in Insolvenz zu gehen? Wie viel Schulden muss man haben und wie viel Geld darf man höchstens verdienen?

Wie wird ausgerechnet, dass man mit dem Einkommen, welches man hat auch die Schulden nicht so ohne weiteres los werden kann? Wie funktioniert es bei der Privatinsolvenz und wann genau rechtfertigt die Verschuldung eine Insolvenz?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich weiß nicht wirklich, was du mit Rechtfertigung meinst. Die moralische, also die Rechtfertigung gegenüber dem Gläubiger? Oder gegenüber dem eigenen Umfeld, also gegenüber Freunden, der Familie oder dem Arbeitgeber? Oder meinst du mit Rechtfertigung die rechtlichen Grundlagen?

Wer Insolvenz beantragt, hat Schulden. Das man einen bestimmten Schuldenberg haben muss, ist mir nicht bekannt. Allerdings sollten die Schulden die Verfahrenskosten übersteigen, alles andere würde wenig Sinn machen. Welche Schulden man hat, ist jedoch grundsätzlich egal.

Es werden jedoch im Rahmen der Restschuldbefreiung nicht alle Schulden erlassen. Schulden aus Straftaten, Geldstrafen, Geldbußen, Gebühren für Ordnungswidrigkeiten und Zwangsgelder können nicht erlassen werden. Ebenso müssen laufende Unterhaltsverpflichtungen gezahlt werden. Man kann also nicht sagen, dass man die nächsten sieben Jahren keinen Unterhalt zahlt, weil man in Insolvenz geht.

Was du mit ausrechnen meinst, verstehe ich auch nicht so ganz. Es gibt einen Freibetrag, den man während der Insolvenz behalten darf. Dieser richtet sich nach der Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen, für Alleinstehende sind es knapp 1000€. Alles was über dem Freibetrag wird, fließt in die Insolvenz. Ob man 1100€ oder 4999€ pro Monat verdient, macht keinen Unterschied, außer natürlich für die Gläubiger, die entsprechend mehr Geld bekommen. Von diesem Geld, was über des Freibetrages hinaus erwirtschaftet wird, werden zuerst die Verfahrenskosten gezahlt und der Rest wird unter den Gläubigern verteilt. Dabei darf niemand bevorzugt werden, deshalb macht dies ein Treuhänder. Dieser verteilt auch im Vorfeld vorhandene Masse. Wer sich also bei Versandhäusern mit der neusten Technik eingedeckt hat, kann durchaus damit rechnen, dass diese gepfändet wird und in die Insolvenz einfließt.

Jedoch ist fraglich, ob es in diesem Fall überhaupt zur Insolvenzeröffnung kommen würde, denn zuvor muss man einen außergerichtlichen Einigungsversuch unternehmen. Und selbst wenn dieser scheitert und somit der Antrag zur Eröffnung gestellt werden kann, so kann ein Gläubiger Einspruch einlegen, wenn zum Beispiel Betrug vorlag. Davon kann man durchaus ausgehen, wenn jemand mit einem Midijob innerhalb eines Monats bei 50 Versandhäusern tausende von Euros Schulden gemacht hat.

Zu den Versagungsgründen gehört es auch, Vermögen verschwendet zu haben, vorsätzlich falsche Angaben beim Finanzamt, Sozialämtern, Banken oder ähnliches gemacht zu haben oder während des Verfahrens seine Pflichten nicht zu erfüllen.

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» Trisa » Beiträge: 3169 » Talkpoints: 61,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Eine Privatinsolvenz hat nichts mit einer gewissen Moral oder Moralform zu tun, sondern hier zählen in erster Linie objektive Fakten und auch Tatsachen. Nach diesen Fakten und Tatsachen wird dann über eine sogenannte Insolvenzeröffnung entschieden. Ob man dazu nun eine Rechtfertigung braucht ist hierbei überhaupt nicht das Thema. Wenn eben bei der Prüfung der eingereichten Unterlagen alles in Ordnung ist, wird man dem Antrag stattgeben und das Insovenzverfahren wird dann auch eröffnet.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Hier verstehe ich auch nicht ganz, was du mit "rechtfertigen" meinst. Eine Privatinsolvenz ist ja nichts, was einfach initiiert werden kann und auch nichts, wozu man sich beliebig entscheiden könnte. Und es muss auch nichts nach komplizierten Formeln berechnet werden bzw. ist weder abhängig vom Einkommen oder Schuldenstand sondern von deren Kombination. Einfach ausgedrückt: wenn das Bezahlen von Zins und Tilgung nicht mehr möglich ist, ist man überschuldet und hat keine Möglichkeit mehr, die Schulden zu bedienen. Vorausgehen muss natürlich das Suchen nach Lösungen wie z.B. das Stunden von Zahlungen oder aber der Verzicht von manchen Gläubigern. Läuft alles in leere oder aber reicht es am Ende doch nicht, dann bleibt einem kaum ein anderer Weg. Und das wieder bedeutet, dass schlicht alles, was über dem Lebensminimum liegt, an die Gläubiger geht. Und erst nach sieben Jahren kann man über seine Einkünfte wieder selber verfügen. Also im Grunde wirklich kein erstrebenswertes Leben.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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