Sich einer Chemotherapie verweigern?

vom 11.03.2012, 23:16 Uhr

Neulich haben wir in einer Runde mit Bekannten darüber gesprochen, wie es wäre, wenn einer von uns an Krebs erkranken würde. Wir kamen auf das Thema, weil im Bekanntenkreis einer Bekannten so ein Fall ist. Es kamen viele Argumente gegen eine Chemotherapie. Versuchskaninchen, mangelnde Erfolgsaussichten, dass man sich schlecht dabei fühlt, dass man den Rest des Lebens nicht mit Übelkeit und Haarausfall verbringen will usw. Die Bekannte, wegen der das Gespräch aufgekommen ist, hat sich einer Chemotherapie verweigert, weil sie meint, dass Gott sie holen will und nicht will, dass Ärzte Gott spielen. Wenn Gott nicht will, dass sie stirbt, dann hätte er ihr einen Schnupfen gegeben und kein Krebs.

Die Aussage fand ich hart und ich muss sagen, dass ich mich niemals verweigern würde. Sicher ist es leichter gesagt als getan und vielleicht reagiert man ja im Falle einer Erkrankung doch anders. Aber im Moment würde ich sagen, dass ich froh wäre, wenn es Hoffnung geben würde und ich alles machen würde, damit mir geholfen werden könnte. Wie seht ihr es? Würdet ihr euch verweigern eine Chemotherapie zu machen? Wenn ja, warum würdet ihr es nicht wollen?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Solange es bei mir noch Hoffnung geben würde, dass ich wieder geheilt werden kann, oder dass meine Lebenserwartung dadurch drastisch erhöht wird, würde ich eine Chemotherapie in Kauf nehmen. Auch wenn es sicherlich sehr unangenehm werden wird, würde ich es wagen. Zwar werden dort auch Schmerzen auf einen zukommen, aber wenn man am Ende wirklich am Krebs stirbt, wird es mindestens genauso schmerzlich.

Wenn die Aussichten auf eine Heilung aber absolut nicht da wären, und man mir auch keine Hoffnung machen kann, dass ich wenigstens etwas länger dadurch leben könnte, würde ich es natürlich verweigern. Diese Qualen muss ich dann nicht auch noch auf mich nehmen, wenn ich sowieso bald daran sterben werde. Aber sowas ist natürlich immer leichter gesagt, als getan, wenn man sich nicht gerade in der Situation befindet.

Als mein Opa an Krebs erkrankt ist, hat er sofort mit der Chemotherapie angefangen. Es gab schon gute Chancen, dass er sogar komplett geheilt werden kann. Doch leider war es nicht so. Als es eigentlich schon klar war, dass er sterben wird, wollten die Ärzte nochmals eine Chemotherapie bei ihm machen. Doch er hatte sich nun schon so lange mit den Nebenwirkungen herum gequält, dass er selber, aber auch meine Familie gesagt haben, dass er es nicht auch noch auf sich nehmen soll.

Wenn Menschen zu einer Chemotherapie nicht bereit sind, obwohl es gute Chancen gibt, geheilt zu werden, kann ich es nicht ganz nachvollziehen. Aber am Ende ist es ja ihr Leben und ihr Körper. Und sie müssen einfach wissen, was sie sich zutrauen und was nicht. Aber ich kann es gar nicht ab, wenn Menschen dann damit ankommen, dass sie es ablehnen, da sie meinen, dass Gott sie eben zu sich holen will.

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» senny » Beiträge: 2589 » Talkpoints: 9,37 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Gegenfrage: Hast du schon mal Medikamente genommen, die dir scheinbar keinen positiven Effekt brachten, aber die Nebenwirkungen dich massiv beeinflusst haben?

Chemotherapie ist nichts anderes wie eine Therapieform. Eine Therapieform mit positiven und negativen Aspekten. Genauso wie manche Medikamente halt wirken und andere Medikamente wirken nicht. Einer Chemotherapie zustimmen ist im Endeffekt das Ergebnis eines Abwägens des Nutzens. Wie bei jeder anderen Therapieform auch. Und genauso wie es keinen Garant dafür gibt, dass eine Schmerztherapie gegen Schmerzen hilft, verspricht auch eine Chemotherapie nicht die Wunderheilung.

Chemotherapie dürfte noch dazu eine Therapieform sein, die sehr starke Auswirkungen auf das Leben eines Menschen hat. Nicht nur die Möglichkeit der Gesundung, sondern sie kann auch sehr viel Leid bringen. Chemotherapie schwächt noch dazu den Körper. Wenn die Aussichten eh gering sind, würde ich persönlich auch abwägen wollen, ob ich die nächsten Monate mein Leben von einer Chemotherapie bestimmen lasse oder ob ich so weit weiter lebe wie bisher und noch Sachen unternehmen, die ich gerne machen würde. Chemotherapie ist oftmals einfach nur eine lebensverlängernde Maßnahme. In vielen Fällen ist vorher schon klar, dass der Patient nie wieder gesund sein wird.

» XL » Beiträge: 680 » Talkpoints: -0,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Voraussetzung für eine entsprechende Antwort auf deine Fragen sind bessere Kenntnisse der Situation der Bekannten aus dem Bekanntenkreis deiner Bekannten-Runde. Es ist nicht bekannt, um welche Krebsart es sich handelt; wie weit der Krebs schon gestreut hat; ob bereits eine Operation stattgefunden hat; wie hoch die Chance von den Ärzten eingeschätzt wird, dass eine Chemotherapie erfolgreich sein könnte; wie der allgemeine Gesundheitszustand ist und wie alt die Bekannte ist.

Sie scheint sehr religiös zu sein. Hierbei denke ich an deinen Thread: „Schicksal beeinflussen ...“. Diese Frau legt ihr Schicksal (?) in Gottes Hände und unternimmt nichts, um sich von dieser Krankheit retten zu lassen. Die Chemotherapie ist in vielen Fällen nur ein Versuch. Wenn der Krebs bei ihr schon weit fortgeschritten ist und die Ärzte vielleicht skeptisch waren, wird sie ihren Worten nicht geglaubt haben, weil sie die Wahrheit an deren Gesichtern ablesen konnte. Deshalb ist sie der Meinung, dass die Nebenwirkungen ihr die letzten Monate oder Jahre ihres Lebens noch mehr Probleme bereiten könnten, die sie nicht will. Sollte das so sein, wie ich mir das vorstellen könnte, kann ich sie verstehen und würde ebenso handeln wie sie. Warum sollte sie noch mehr Schmerzen in Kauf nehmen, wenn sie dem Rat der Ärzte folgen würde? Und sicher wäre sie in dem Falle ein Versuchskaninchen.

Auf der anderen Seite besteht natürlich die Möglichkeit, dass der Krebs erst im Anfangsstadium ist und die Chemotherapie nur eine Vorsichtsmaßnahme nach einer Operation sein soll. Dann wäre es vollkommen falsch von ihr, ihr in Gottes Hände gelegtes Schicksal (?) nicht selbst zu beeinflussen, indem sie etwas für ihre Gesundheit gegen ihre Krankheit tut. Vielleicht sitzt der Schock über die Kenntnis dieser Krankheit noch zu tief. Eventuell müsste sich mal eine Vertrauensperson mit ihr auseinandersetzen, die genaue Kenntnisse des Krankheitsstandes hat und ihr das Für und Wider nochmals vor Augen führt. Aufgeben sollte man so schnell niemanden mit einer solchen Einstellung.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ehrlich gesagt halte ich es für fragwürdig, so eine Entscheidung zu treffen, obwohl man nicht in der Situation ist, so schwer erkrankt zu sein. Wenn man keine Ahnung hat wie sich das anfühlt, ist es immer leicht zu sagen, dass man dies oder jenes macht oder auch nicht macht.

Ich bin ja betroffen, aber ich bekomme (noch) keine Chemo. Solange man bei mir mit anderen Therapien weiter kommt, ist es gut so und man möchte mir diese Umstände ersparen. Wenn es aber mal so weit sein sollte, dass ich Chemo bekommen soll, würde ich schon fragen, wie die Aussichten sind. Ich würde wissen wollen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass man damit etwas erreicht. Ich kenne viele Fälle, in denen Chemo hilft, aber es gibt auch Fälle, in denen es eben nicht hilft. Es kommt dabei auf die Person an und wie der Körper das aufnimmt. Letztendlich würde ich es wohl machen, wenn eine Chance besteht, dass man mir damit helfen kann. Ich hätte Angst, bei einer Ablehnung alles nur schlimmer zu machen als es ist und dass wäre mir einfach zu gefährlich.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Das ist eine schwere Frage und im Fall der Fälle reagiert man ohnehin oft anders, als man eigentlich vor hat zu reagieren. Ich würde jetzt schon sagen, dass ich mir eine Chemotherapie antun würde. Ich bin kein sehr gläubiger Mensch, weshalb das Argument deiner Freundin nicht für mich zutreffen würde.

Ich kenne beispielsweise ein kleines Mädchen, welches im Alter von 3 Jahren Leukämie bekommen hat. Diese musste 2 Jahre lang Chemotherapie bekommen, bzw. ist noch dabei. Der Krebs jedoch ist besiegt und sie kann ein weitgehend sorgenfreies Leben führen. Auch andere Fälle sind mir bekannt, bei denen die Chemotherapie gut geholfen hat. Natürlich keine Garantie zur Heilung, aber immerhin ein Lichtblick. Wenn die Chemo nicht anschlägt, dann kann man immer noch auf den Tod warten. Aber ich finde, man sollte alles ausprobiert haben.

Gerade wenn man geliebte Menschen zurück lässt, dann finde ich es nicht fair, einfach zu gehen. Ich finde dann sollte man kämpfen! In meiner Berufsschulzeit meinte mein Lehrer mal, dass die Tabletten sehr heftig sind. Wenn man die Chemotablette aufweichen würde und auf einen Tisch geben würde, dann würde dieser komplett weggeätzt. Das ist schon eine schlimme Vorstellung, aber die einzige Hoffnung die man in einem solchen Fall noch hat. Ich hoffe ich muss mir nie ernsthaft Gedanken darüber machen.

» Lara2011 » Beiträge: 1466 » Talkpoints: 0,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich würde in so einem Fall alles mitmachen, was die Medizin anbietet. Eine Chemotherapie ist zwar nicht schön, aber nicht mehr ganz so schlimm wie früher. Ich würde es auf jeden Fall probieren. Ich denke, dass man bei so einer Krankheit selber merkt, wann es noch sinnvoll für einen ist und wann nicht. Das ist eine ganz individuelle Entscheidung. Ich respektiere auch Leute, die der Natur ihren freien Lauf lassen und keine Maßnahme über sich ergehen lassen wollen, aus welchen Gründen auch immer.

Es ist immer schwierig, eine Aussage im Voraus darüber zu treffen, wie man in kritischen Situationen handeln würde, wenn man nicht in einer solchen steckt. Oft reagiert man dann ganz anders, als man vorher gedacht hatte.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Vor sieben Jahren haben wir erfahren, dass mein Opa an Lymphdrüsenkrebs erkrankt ist. Er befand sich bereits im letzten Stadium. Für uns war klar, dass er bald sterben wird. Die Ärzte haben dann Chemotherapie und Bestrahlung vorgeschlagen. Mein Opa hat eingewilligt, weil er wahrscheinlich immer noch die Hoffnung hatte, dass er überlebt. Letztendlich ist er nach 2 Monaten verstorben.

Meiner Meinung nach ist eine Therapie erst dann sinnvoll, wenn man sich noch im Anfangsstadium befindet. Und es gibt noch Heilungschancen. Im letzten Stadium würde ich es mir auch nicht mehr antun. Du verlängerst nur dein Leben und meistens besteht das Leben nur aus Schmerzen und Leid. Und das muss ich mir nicht geben.

» natascha19821 » Beiträge: 68 » Talkpoints: 25,66 »


Ich kann diese Frage weder mit ja noch mit nein beantworten, da es nicht einfach ist, mir diese Situation vorzustellen. Wenn man wirklich an Krebs erkrankt ist, denkt man garantiert anders, da auch die Faktoren Angst, Hoffnung und Verzweiflung die Entscheidung beeinflussen. Als Gesunder denkt man irgendwie ganz anders als ein wirklich Betroffener, der jeden Tag mit diesem Thema konfrontiert wird.

Meine Oma ist an Brustkrebs gestorben. Sie hatte sich gegen eine Chemotherapie entschieden, da der Krebs ohnehin viel zu spät erkannt wurde. Nachdem er erkannt wurde, lebte sie noch drei Monate, die sie allerdings im Krankenhaus verbrachte, da wir sie zu Hause nicht pflegen konnten. Meine Mutter musste zur Arbeit, ich war noch ein Kind und mein Opa war selbst auf Hilfe angewiesen. Meine Oma wollte gar nicht mehr kämpfen, da ihre Chancen fast Null waren. Ich weiß noch genau, wie es war, als ich erfahren musste, dass sie gestorben war. Ich vermisse sie noch heute.

» Sternchen* » Beiträge: 2801 » Talkpoints: 2,12 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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