Hartz 4 Empfänger wollen arbeiten?

vom 30.12.2010, 13:58 Uhr

Auch bei Talkteria gab es dieses Jahr zahlreiche Threads, die sich um Hartz 4 Empfänger und die Gerechtigkeit drehten. Oftmals wurde in diesen Threads auch kritisiert, dass sich viele Hartz 4 Empfänger nur auf dem Geld ausruhen, weil sie selbst wissen, dass sich aufgrund mangelnder Bildung keinen erheblich größeren Verdienst werden einbringen können, wenn sie arbeiten und sich daher auch keine Mühe geben, einen Job zu suchen.

Darauf gab es in diesen Threads auch oftmals Meinungsverschiedenheiten, weil häufig der Großteil der festen Überzeugung war, dass die meisten Hartz 4 Empfänger arbeiten wollten, nur eben keine Möglichkeit dazu hatten und man sie nicht verurteilen sollte. Ich war damals immer etwas unschlüssig, weil ich auch eher dieses typische Bild des faulen Hartz 4 Empfängers im Kopf hatte.

Gestern lief nun auf RTL bei Stern TV eine Art Zusammenfassung, in der die Highlights des Jahres 2010 nochmals gezeigt wurden. Dabei wurde unter anderem auch das Thema Hartz 4 aufgegriffen und auch dort gab es Meinungsverschiedenheiten, da viele gegen das Bild des faulen Hartz 4 Empfängers, der den ganzen Tag vorm Fernseher sitzt argumentierten und sie eher als bemitleidenswerte, arbeitssuchende Menschen darstellten.

Damals war dann auch eine Art Test gemacht worden, indem man nämlich Hartz 4 Empfängern einen Küchenjob angeboten hatte. Zu meiner Überraschung war das Ergebnis dieser Studie, dass der Großteil der Hartz 4 Empfänger sich für diesen Job ganz und gar nicht interessierte und erst gar nicht bei einem Bewerbungsgespräch aufkreuzte. Auf Fragen der Stern TV Reporter antwortete man mit Ausreden wie ''Das ist viel zu stressig für mich'' oder ''So was bin ich nicht gewohnt'' oder '' Unter 15 Euro mache ich gar nichts''.

Von den rund 200 Hartz 4 Empfängern, denen der Job angeboten worden war, kamen 10 zum Bewerbungsgespräch und nur 6 nahmen den Job letztendlich auch an. Das hat mich wirklich überrascht und mein Bild vom bemitleidenswerten, arbeitssuchenden Hartz 4 Empfänger ist damit nun endgültig zerstört. Ich bin mir nun wirklich sicher, dass der Großteil der ungebildeten Hartz 4 Empfänger sich auf dem Arbeitslosengeld ausruht, weil sie dafür nichts tun brauchen und bei Jobs, die für sie in Frage kämen nicht mehr verdienen würden, beispielsweise auf eine Beförderung warten müssten. Und das ist eine ziemlich traurige Wahrheit.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich kann gut verstehen, dass du von dieser Reportage im ersten Moment geschockt warst, mir wäre es vermutlich nicht anders gegangen. Ohne den Beitrag gesehen zu haben, frage ich mich aber doch, ob es nicht vielleicht Gründe für die ablehnende Haltung dem angebotenen Job gegenüber gegeben haben könnte. Wie viele Reaktionen der 200 Menschen wurden denn überhaupt gezeigt? Wie war der Job denn vergütet? Hätte man davon leben können, ohne in Zukunft weiterhin auf staatliche Leistungen angewiesen zu sein? Wenn nicht, wäre eine Beförderung in eine höher vergütete Stellung möglich gewesen? Hätte man für die Stelle eventuell eine Ausbildung gebraucht, welche nur ein Teil der Personen absolviert hatte? War ein Teil der Menschen eventuell alleinerziehend und hatte für die geplante Arbeitszeit keine Kinderbetreuung? Wieso sind diese Menschen überhaupt arbeitslos gewesen? Gab es vielleicht auch welche, die aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit Leistungen beziehen mussten?

Natürlich gibt es auch Leistungsempfänger, die genau dem klassischen Bild entsprechen, ihre Füße den ganzen Tag auf der Couch parken und gar nicht daran denken, arbeiten zu gehen. Auch diese asozialen Familien, die sich über Generationen vom Staat ernähren lassen wollen, weil es doch so bequem ist, werden wohl nicht erfunden sein. Ich finde dieses Verhalten, das durch die niedrigen Löhne in manchen Branchen wohl noch angeheizt wird, absolut frech und unterstütze es auf keinen Fall, dennoch bin ich der Meinung, dass man nicht alle Hartz-4-Empfänger in einen Topf werfen darf, nur weil es einige schwarze Schafe unter ihnen gibt.

Stern TV zählt, das muss ich zugeben, noch zu den seriösen Sendungen des Fernsehsenders RTL. Dennoch wurde das Thema „Hartz 4! Im letzten Jahr ständig heiß diskutiert und da ist es doch klar, dass man dem Zuschauer keinen reinen Informationsbeitrag vorsetzt, sondern eine mitreißende Reportage bringt, die zur Diskussion anregen und die kontroversen Meinungen aufeinanderprallen lassen soll. Da passt es außerdem ja sehr gut, dass ein Großteil der Bevölkerung dieses Bild von Hartz-4-Empfängern hat und diese Meinung auch sehr gerne im Fernsehen bestätigt sieht. Wenn alle meine im ersten Absatz gestellten Fragen zu Lasten der Leistungsempfänger beantwortet werden könnten, wäre ich wohl bereit, meine Meinung zu revidieren, aber anhand dieser einfachen Sendung will ich mir kein Bild machen.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich habe diese Reportage nicht gesehen, würde so etwas aber immer mit einer gesunden Portion Misstrauen betrachten. Das bedeutet nicht, dass ich die Kernaussage grundsätzlich bezweifele, allerdings sind solche Berichte oft sehr selektiv zusammengestellt. Gerade bei RTL und ähnlichen Sendern wäre ich besonders misstrauisch.

Allerdings finde ich, wie bereits angedeutet, diese Sicht nicht komplett falsch. Ich habe einen Hartz-IV-Empfänger im Verwandtenkreis und kenne noch zwei weitere mehr oder weniger flüchtig. Komischerweise passen diese Leute alle in das negative Klischeebild. Der eine ist zum Beispiel 28 Jahre alt und hat noch nie richtig gearbeitet. Hin und wieder hat er mal einen 1-Euro-Job, aber das waren nicht mehr als drei Anstellungen in den letzten Jahren und diese waren auch zeitlich befristet. Ansonsten hat er auch nichts vorzuweisen - auf der Hauptschule ist er sogar mal sitzengeblieben und Ausbildungen hat er bisher angefangen und immer wieder abgebrochen, weil er irgendwann keine Lust mehr hatte und zuhause geblieben ist. Er ist auch der Meinung, dass man ihn zu Unrecht rausgeworfen hat, da er krank war (und nach mehr als sechs Wochen weder den Arbeitgeber informiert, noch einen Krankenschein eingereicht hatte!). Er gehört zu denen, die keine Lust auf gar nichts haben und den Tag mit Fernsehen und billigem Bier verbringt. Keiner versteht sein Verhalten und ich finde es auch unverständlich, dass er nach mehr als zehn Jahren nicht einmal seinen Hintern hochbekommt.

Die beiden anderen Fälle sind nicht ganz so extrem, da sie wenigstens hin und wieder mal für kurze Zeit gearbeitet haben und sich dann auch selbst Aushilfsjobs gesucht haben, die dann zumindest ein paar Monate ausgeübt wurden. Allerdings wird auch in diesen Fällen erwartet, dass die Jobs sich lohnen und nicht zu anstrengend sind. Zudem wollen beide auch nicht dauerhaft arbeiten, da dies einfach viel Zeit in Anspruch nimmt. Bei solchen Leuten ist es klar, dass andere Hartz-IV-Empfänger in Verruf geraten. Wenn man selbst solche Fälle mitbekommt, wird einem eben leider nur dieses Bild vermittelt.

Ich bezweifele allerdings nicht, dass es Leute gibt, die von Hartz IV leben, aber alles daran setzen, wieder einen richtigen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt anzunehmen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob diese Menschen wirklich einen großen Teil der Leute ausmachen, die Sozialleistungen bekommen. Wenn jemand wirklich engagiert ist und arbeiten will, steckt er auch seine Energie in die Jobsuche, bildet sich weiter und nimmt vielleicht erst einmal einen blöden Job an, um überhaupt wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die meisten Leute, die wirklich arbeiten wollen, sind nicht unbedingt jahrelang durchgängig arbeitslos und haben nach dieser Zeit ebenso wenig vorzuweisen wie am Anfang. Dieser Stillstand ist absolut tödlich und ich habe kein Verständnis für diejenigen, die völlig überzogene Vorstellungen von einem Job haben und selbst nichts anzubieten haben, aber einen gut bezahlten Job erwarten. Man kann 15 Euro pro Stunde verlangen oder auch ein Vielfaches von diesem Betrag. 15 Euro sind in vielen Studentenjobs sogar schon nicht unüblich, gerade bei Jobs, die sich an Studenten in höheren Semestern wenden. Wenn allerdings ein Schulabbrecher ankommt, der seit Jahren überhaupt nichts gemacht hat und keine Qualifikationen besitzt, kann er einfach nicht mehr als fünf bis acht Euro erwarten.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich besuche ca. 1 - 2 Mal wöchentlich eine bestimmte Gaststätte in meinem Heimatort, trinke dort ein oder zwei Bier und gehe dann wieder nach Hause. Egal an welchem Tag ich komme, es sitzt dort fast immer eine Gruppe von ca. 6 Hartz-IV Empfängern, die nach Auskunft des Kneipenwirts nahezu täglich kommen und stundenlang bleiben. Sie konsumieren dort pro Person ca. 5 - 7 Bier und mehr, essen aber oft auch was. Wenn ich nun den Bierpreis (2,50 €) mit 5 multipliziere, erhalte ich 12,50 €. Wenn diese Leute ca. 25 Mal im Monat dort erscheinen, so sind dies ohne Essen schon alleine 312,50 € nur für alkoholische Getränke. Ich frage mich, wo diese Zeitgenossen das Geld dafür her haben. Ich habe einen dieser Stammgäste schon darauf angespochen, erhielt aber nur mangelhafte Antworten. Der Befragte jammerte nur, dass man von Hartz-IV kaum leben könne und man ab 50 auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar sei (in diesem zweiten Punkte stimme ich dem Mann allerdings zu.)
Auf jeden Fall meine ich, dass die Sache irgendwie komisch ist.

» Eisfuchs69 » Beiträge: 25 » Talkpoints: 15,57 »



Das RTL gern diverse Klisches bedient dürfte doch nun bekannt sein. So wird man in diesem Fall auch weitaus mehr Hartz IV Empfänger gecastet haben und nur die, die dann auch so waren, wie es in die Reportage passt, wurden gezeigt. Damit untermauert man die allgemeine Denkweise und der Sender selbst steht als Held da.

Ich kenne genug Leute die Hartz IV beziehen und auch da sind einige dabei, die sich verstecken, wenn die Arbeit ruft. Aber der grosse Teil ist sehr willig, aber bekommt wegen Alter oder mangelnder Qualifikation halt keinen Job mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt. Allerdings sieht man diese Leute ständig in den Ein-Euro-Jobs, weil sie sich halt dann eben da bemühen etwas zu bekommen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


In der Überschrift fehlt etwas Entscheidendes: ..."nicht". Es sollte heißen: "wollen nicht".Man kann hier nicht von ein paar schwarzen Schafen sprechen. Richtig wäre zu sagen ein paar weiße Schafe in einem Heer von schwarzen. Nehmen wir die nicht mehr arbeitsfähigen Hartz4-Empfänger aus diesem Heer raus, bleiben noch die weißen, die gern Arbeit hätten und die große Gruppe der schwarzen Schafe, die sich im Glanz des Ihnen in den Schoß fallenden Euros sonnen. Keinesfalls richtig ist, dass alle in einen Topf geschmissen werden. Das tut mir auch leid für die, die gerne arbeiten würden, aber keinen Job bekommen.

Der Staat hat hier etwas gemacht, was nicht richtig ist. Einen Arbeitnehmer, der seine Arbeit verliert, zu unterstützen, das ist selbstverständlich. Aber es muß nicht jahrelang sein und vor allem nicht über mehrere Generationen. Die Familienmitglieder haben nur mitbekommen, dass Oma/Opa und Mutter/Vater sowie Tante/Onkel Hartz 4 bekommen und ihr Auskommen haben. Sie sehen auch, dass alle Zeit haben und nicht so gestreßt sind, wie Arbeitnehmer, die sich nicht den ganzen Tag zu Hause ausruhen und fernsehen können, die Beine auf das Sofa legen und das Bierglas leeren können oder den Computer für Spiele benutzen. Dass Arbeitslose - die arbeitswillig sind - sich über solche Gedankengänge aufregen und sagen, dass das keinesfalls so stimmt, ist logisch, aber die sind mit solchen Aussagemn auch nicht gemeint.

Wie oft höre ich im Bus Erwachsenen und Jugendlichen unfreiwillig bei der Unterhaltung zu. Viele Gespräche drehen sich um die "Stütze". Aus den Gesprächen geht ganz eindeutig hervor, dass keiner an Arbeit interessiert ist, aber alle schimpfen, dass sie von dem wenigen Geld nicht leben können und der Staat mehr Geld rausrücken soll. Keiner macht sich Gedanken darüber, wo das Geld herkommen soll. Sie sind frech und fordernd. Ganz offen wird teilweise über Nebenbeschäftigungen gesprochen, denen sie nachgehen und so ihre "Stütze" ohne Steuern zu zahlen aufbessern.

Das sich so aufführende Menschen nicht gerade die Lieblinge der Nation sind, ist doch wohl klar. Leider habe ich die stern-TV-Sendung nicht gesehen. Das sieht doch ganz klar so aus, dass kaum einer seinen Hintern für eine Arbeit von Sofa erheben will. Sie verlangen mindestens 15 Euro, weil sie genau wissen, dass sie das bei ihrem Wissensstand und als Ungelernter nicht bekommen. So haben sie stets eine Ausrede und tun so, als ob sie gerne arbeiten würden aber nicht ausgenutzt werden wollen.

Warum zieht der Staat diese Menschen, die unterstützt werden, nicht grundsätzlich für die erhaltene Unterstützung zu einer Gemeinschaaftsarbeit heran. Wenn sie das nicht wollen, wird eben ein Teil des Geldes gestrichen. Sie verlernen ja total, zu arbeiten. Ferner sollten sie gezwungen werden einen eventuell fehlenden Schulabschluß nachzuholen. Denn auch daran hapert es oft. In Deutschland gibt es genügend Fortbildungsmöglichkeiten, die für Arbeitslose kostenlos sind. Der Schulabschluß kann im Rahmen der VHS nachgeholt werden und andere Weiterbildungsmaßnahmen bietet sie auch an. Die Arbeitslosen haben genügend Zeit für eine Weiterbildung. Der Gesetzgeber sollte mehr Druck ausüben.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Wenn das mal alles so einfach wäre.

Was stimmt: Einen Hauptschulabschluß oder einen Realschluabschluß nachzuholen ist relativ einfach umsetzbar, rein "technisch" gesehen. Und sollte meines Erachtens auch noch kräftiger gefordert werden, grade bei sehr jungen Leuten, denn oft sind fehlende Abschlüsse Ergebnis von jugendlichen Unmut, der ja auch irgendwann verfliegt.
Eine qualifizierte Ausbildung nachzuholen wird ab einem bestimmten Alter schon schwieriger. Eine zusätzlich qualifizierende Weiterbildung, um seinen Marktwert und die Einsatzmöglichkeiten zu erweitern ... hast du schonmal auf Granit gebissen? Ist gegen das, was einen da erwartet ziemlich weich und kaufreundlich. Ausnahme natürlich man zahlt die komplette Weiterbildung aus eigener Tasche, was bei Kurspreisen ab 700 Euro dann schon nicht mehr so richtig einfach zu finanzieren ist. (Es gibt eine Ausnahme, wo dann doch gezahlt wird: Wenn man nachweisen kann, das man danach von einem konkreten Arbeitgeber eingestellt wird. Das kann in einigen Bereichen wohl auch funktionieren, aber leider nicht überall)

Dieser Test den sich RTL da ausgedacht hat erinnert mich nun doch sehr stark an das, was in der tat oft stattfindet: Da werden 200 Leute zu einer Stelle geschickt, ungeachtete ihre Qualifikation und ihrer Meinung zu dem Beruf an sich.
Jemand der z.B.eine umfangreiche Ausbildung in einem anderen Beruf hinter sich hat kommt sich schon komisch vor, wenn er sich dann als Küchenhilfe widerfindet und überlegt dann: Hm, hab ich wirklich alles andere in meinem Bereich schon abgeklappert? Nicht jeder fühlt sich zu jedem Beruf berufen (jaja, Wortspielkasse) und hätte eventuell bei einem anderen Job schon zugeschlagen.
Was natürlich bescheuert ist, sind diejenigen die dann sagen "Unter 15 Euro schon mal gar nicht". Es gibt eine Grenze nach nach, unter die man lohntechnisch wirklich nicht rutschen sollte, aber die würd ich dann eher bei 6-7 Euro veranlagen.

Nebenbei: Journalistisch würd ich allen Sendungen von RTL nicht so ohne weiteres über den Weg trauen. Die sind mir immer etwas zu plakativ in der Grundaussage. Ist immer etwas so wie bei einem billigen Krimi: man weiß am Anfang schon genau wer der Mörder ist.

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Jedem der unschlüssig ist in seiner Meinungsbildung zum Thema Die Hartz 4 Empfänger, dem empfehle ich die Bildzeitung und die typischen Hartz 4 Sendungen auf RTL und Pro 7. Danach ist man sich sicherlich sicher, dass alle Hartz 4 Empfänger nur Schmarotzer sind und zu faul zum Arbeiten sind. Denn eines haben alle gemeinsam, es wird bewusst nach extremen Fällen gesucht, die noch ein wenig aufgebauscht, beschönigt, positive Sachen weggelassen - Voila: Endlich haben wir das perfekte Bild über die Sozialschmarotzer.

Jedem der sich aber auch gerne mal so fühlen möchte, empfehle ich einen einfachen Test. Ich schlage einer Dauer von mindestens sechs Monaten vor. Sinnvoller würde ich ein Jahr oder mehr halten. Am Anfang eines jeden Monats nehmt ihr euer Einkommen. Davon behaltet ihr die Kaltmiete für eine kleine Wohnung. Davon behaltet ihr einen Großteil der Heizkosten die ihr sonst zahlt, davon behaltet ihr dann noch 360 Euro. Wenn ihr einem regelmäßigem Job nachgeht, behaltet ihr auch noch 160 Euro. Den Rest des Geldes? Legt ihn irgendwo hin wo ihr auf keinen Fall dran könnt. Nun zahlt ihr die Miete. Heizkosten natürlich auch. Nun habt ihr noch 360 Euro. Davon zahlt ihr nun den Strom, Telefon und Versicherungen. Vielleicht habt ihr auch noch Raten zu zahlen und das zahlt ihr dann auch von den 360 Euro. Mit dem Rest versucht ihr über die Runden zu kommen. Je länger der Zeitraum wird, um so schwerer werdet ihr das Empfinden. Da geht die Waschmaschine kaputt, da fällt irgendeine andere Reparatur an.

Damit ist es aber nicht getan. Außerdem kopiert ihr bitte alle drei Monate eure Kontoauszüge. Die stellt ihr dann am besten entweder Online oder gebt sie an die örtliche Tageszeitung, damit auch wirklich jeder Mensch sie sehen kann. Außerdem gebt ihr natürlich über private Sachen willig jedem Auskunft, der sie haben will. Eure Wohnung ist zu groß oder zu klein? Vor dem Test hättet ihr einfach eine neue gesucht. Nun müsst ihr erst mal seitenweise Anträge stellen, ob ihr überhaupt umziehen dürft. Die Miete ist zu hoch und ihr wollt deshalb umziehen. Irgendein Mensch stellt sich nun hin und sagt: Umziehen? Ach fragen Sie doch erst mal ihren Vermieter ob er die Miete nicht günstiger machen kann.

Hin zu kommen dann so Sachen wie: neue Berufskleidung, regelmäßige Reinigung, neue Schuhe zum Arbeiten, irgendwie muss man ja zum Arbeitsplatz kommen etc. Und das sind nur die Kleinigkeiten. Auch alles zu zahlen von den 360 Euro.

Ihr wollt weiter weg ziehen, weil ihr da einen tollen Job haben könntet. Auch hier muss erst gefragt werden, ob man das darf. Wollt ihr das? Statt dem sagt euch irgendein Mensch, och nein bleiben sie doch hier mit ihrem Hochschuldiplom und putzen sie die Toiletten des Obdachlosenasyl. Wollt ihr das? Beziehungsweise ihr bekommt Stellenangebote für Stellen, für die ihr eindeutig unter qualifiziert seid. Ihr müsst euch darauf bewerben, sonst werden die Bezüge gekürzt. Auch die Arbeitgeber sind sicherlich sehr begeistert, wenn sie mal wieder eine Stellenanzeige aufgeben und da bestimmte Qualifikationen auflisten und Bewerbungen von Leuten bekommen, die zum Teil noch nicht mal zehn Prozent der Qualifikationen vorweisen können.

Jeder der sich von solchen Sendungen der Art beeinflussen lässt, sollte den Lebensstil vielleicht auch mal Leben um mit reden zu können.

Keine Ahnung wie die Sendung aufgebaut war etc. Wie viele von den 190 Leute die da angeblich nicht gekommen sind, wurden befragt, warum sie nicht kamen? Wie realisierbar war der "neue" Job für die Betroffenen? Wie weit sind die Arbeitsbedingungen dargestellt worden? Wie waren die Arbeitszeiten im Bezug zum Wohnort der Betroffenen? Obwohl ich in einer Großstadt lebe, könnte ich persönlich diverse Jobangebote gar nicht annehmen, da ich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen bin und die nicht immer fahren. Gerade Küchenhilfe ist ja auch ein Job in dem durchaus auch bis in die Nacht gearbeitet werden muss. Ich hätte da je nach Standort keine Chance heim zu kommen.

Komischerweise werden im Fernsehen immer nur die extrem Fälle dargestellt. Wobei ich die Aktion für gepuscht halte. Da wurden mit Sicherheit Sachen den Zuschauern vorenthalten. Von Fällen in denen sich Leute bemühen, da wird komischerweise nie was gezeigt.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ich habe die Sendung auch gesehen und war schockiert. Gibt es wirklich soviele Hartz 4-Empfänger, die gar nicht arbeiten wollen?
Ich habe mir sows ja schon fast gedacht, aber wollte es nie wahrhaben.

Meiner Meinung nach wird es diesen Leuten viel zu einfach gemacht.
Aussprüche wie: "Unter 150 EUR fange ich erst gar nicht an." sind völlig daneben. Sie sehen den Hartz 4 Beitrag als eine Art Gehalt an, dass es aber eine Leistung ist, die jeder einzelne Steuerzahler trägt und sie somit dem Staat auf der Tasche liegen, das sieht keiner von denen.

Ich wäre dafür, dass sie im Sinne der Städte und Gemeinden eingesetzt werden könnten, zum Beispiel um Schnee zu räumen, Müll zu beseitigen oder ähnlichem. Es gibt doch genug zu tun, oder etwa nicht?

» marc1308 » Beiträge: 138 » Talkpoints: -0,21 » Auszeichnung für 100 Beiträge


LittleSister hat geschrieben:Jedem der sich aber auch gerne mal so fühlen möchte, empfehle ich einen einfachen Test. Ich schlage einer Dauer von mindestens sechs Monaten vor. Sinnvoller würde ich ein Jahr oder mehr halten. Am Anfang eines jeden Monats nehmt ihr euer Einkommen. Davon behaltet ihr die Kaltmiete für eine kleine Wohnung. Davon behaltet ihr einen Großteil der Heizkosten die ihr sonst zahlt, davon behaltet ihr dann noch 360 Euro. Wenn ihr einem regelmäßigem Job nachgeht, behaltet ihr auch noch 160 Euro. Den Rest des Geldes? Legt ihn irgendwo hin wo ihr auf keinen Fall dran könnt. Nun zahlt ihr die Miete. Heizkosten natürlich auch. Nun habt ihr noch 360 Euro. Davon zahlt ihr nun den Strom, Telefon und Versicherungen. Vielleicht habt ihr auch noch Raten zu zahlen und das zahlt ihr dann auch von den 360 Euro. Mit dem Rest versucht ihr über die Runden zu kommen. Je länger der Zeitraum wird, um so schwerer werdet ihr das Empfinden. Da geht die Waschmaschine kaputt, da fällt irgendeine andere Reparatur an.

Damit ist es aber nicht getan. Außerdem kopiert ihr bitte alle drei Monate eure Kontoauszüge. Die stellt ihr dann am besten entweder Online oder gebt sie an die örtliche Tageszeitung, damit auch wirklich jeder Mensch sie sehen kann. Außerdem gebt ihr natürlich über private Sachen willig jedem Auskunft, der sie haben will. Eure Wohnung ist zu groß oder zu klein? Vor dem Test hättet ihr einfach eine neue gesucht. Nun müsst ihr erst mal seitenweise Anträge stellen, ob ihr überhaupt umziehen dürft. Die Miete ist zu hoch und ihr wollt deshalb umziehen. Irgendein Mensch stellt sich nun hin und sagt: Umziehen? Ach fragen Sie doch erst mal ihren Vermieter ob er die Miete nicht günstiger machen kann.


Ich finde es bei dir immer ämusant wie du anderen bei diesem Thema Polemik und Stammtischparolen vorwirfst (durchaus nicht immer zu Unrecht), dann aber als Argumente immer wieder selber in genau das abdriftest. Schon allein jedem seinen Kontoauszug zeigen. Du meinst also ich kann zu einem meiner Nachbarn gehen, der ALGII bekommt und nach seinem Kontoauszug verlangen? Und über seine Familienverhältnisse muss er mir auch Auskunft geben? Und ganz nebenbei, hast du deinen Vermieter noch nie gefragt, ob man an der Miete nicht was machen kann? Das habe ich bei meinem auch gemacht, ohne das mir das einer vorgeschrieben hätte oder das es wirklich nötig gewesen wäre. Hab ich beim Autokauf auch gemacht, beim Küchenkauf auch. Mal springt was raus, mal nicht, ist doch nicht unbedingt verkehrt. Und wie man bei dir ja schon sieht, gibt es genug Leute, die das scheinbar nicht machen. Fragen kostet doch nichts, man kann damit nur gewinnen.

Und genauso muss der klassische Klischee-ALGII-Empfänger keine Arbeitsschuhe, keine Fahrkarten oder Berufsbekleidung von seinen 360 Euro kaufen, da er nicht arbeiten geht. Und wer arbeiten geht hat hat dann 360 Euro + das was er zusätzlich verdient, in der Regel also nochmal mindestens 165 Euro mehr. Die bringst du am Anfang mal, verschweigst sie dann aber zum Ende deiner Rechnung. Zudem bekommen ALGII-Empfänger auch einige Vergünstigungen, die man genauso mit berechnen müsste (günstigere Fahrkarten, Ermäßigung bei Freizeitveranstaltungen etc.)

Auch die Waschmaschine muss man etwas differenzierter betrachten. Bei Bezug der 1.Wohnung gibt es da ja zunächst schon mal den Anspruch auf einer Erstaustattung. Der Langzeitarbeitslose muss zumindest die 1.Waschmaschine schon mal nicht bezahlen und kann das Geld für Reparaturen bei Seite legen. Vielleicht langfristig kein großer Vorteil, aber es ist eben ein Punkt, den der Nichtbezieher niemals bekommt. Und für Reparaturen ist ein Anteil im Regelsatz enthalten, der zurückgelegt werden sollte. Sowie es auch jeder andere machen muss, der wenig verdient.

Sicher ist das nicht alles so einfach wie mit einem guten, geregelten Monatseinkommen, aber auf der anderen Seite auch alles nicht unmöglich. Und so sozial ich in vielen Punkten auch bin, muss ich genauso ganz klar sagen, dass ich es persönlich asozial empfinden würde, wenn ein Arbeitsloser es genauso einfach hätte, sich seine Wünsche zu erfüllen, wie jemand der eine lange Ausbildung hinter sich hat und dann 40-60 Stunden pro Woche arbeiten geht. Eine gewisse Abstufung muss da in meinen Augen zwingend sein. Und nebenbei denke ich auch, dass wir nur das ausgeben können, was der Staat über Steuern einnimt.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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