Nicht-ärztliche Ausbildungen im Rettungsdienst

vom 18.01.2008, 12:02 Uhr

Nachdem ich jetzt von einigen schon darauf angesprochen wurde, wie man im Rettungsdienst arbeiten kann und wie man Rettungsassistent/in wird hab ich sämtliche Rettungsdiensttechnische Ausbildungen einmal zusammengefasst. Wie in anderen Sparten auch, gibt es dort gewisse Abstufungen mit weniger Kompetenzen. Von vorne herein sei allerdings gesagt, es ist ein Traumberuf für viele, wenn sie aber die Realität sehen - dann verebbt die erste Begeisterung sehr schnell.

Die meiste Zeit verbringen "wir" damit, alte und kranke Menschen in die Klinik oder zum Arzt zu fahren und das ganze total unspektakulär ohne Blaulicht. Das ist in erster Linie auch kein "retten" was sich viele vorstellen, sondern auf gut Deutsch nicht mehr als eine Taxifahrt mit Smalltalk unterwegs. Deswegen rate ich persönlich jedem der sich für den Beruf interessiert, vorher ein Praktikum auf einer Rettungswache zu machen und mal in den Beruf hinein schnuppern zu können.

Dazu gibt es noch eine Liste von Punkten, die nachfolgend Aufgeschrieben ist, die man sich vorher fragen sollte, ob man bereit ist das für seinen Job aufzugeben.

- genug Finanzielle Mittel für die Ausbildung (im Gegensatz zu Betrieblichen Ausbildungen, muss man dafür Geld mitbringen)
- LKW Führerschein muss erworben werden, mindestens C1 (Fahrzeuge über 3,5 t)
- Besteht die Bereitschaft Schichtarbeit zu leisten, erst Tagschicht, dann Nachtschicht
- Arbeiten am Wochenende, Feiertagen wie Weihnachten und Silvester
- Nachts aufzustehen, und gleich zu 100 % geistig anwesend sein (Morgenmuffel die lange brauchen um in die Gänge zu kommen gehen meistens sehr schnell wieder)
- immer freundliches und Kompetentes auftreten (ein sehr wichtiger Punkt, nur wer das schafft bei dem fühlt sich der Patient sicher)
- hohes Risiko für sein Handeln rechtlich belangt zu werden
- Teamfähigkeit, schnelles Anpassungsvermögen an andere (man sitzt bis zu 24 h auf engstem Raum aufeinander)
- hohe Sprachliche Wortgewantheit mit vielen lateinischen Fachbegriffen (krasses Jugenddeutsch ist fehl am Platze "Ey, alter was haste denn")
- rechtliches Hintergrundwissen (insbesondere die Punkte Körperverletzung, Unterlassene Hilfeleistung, Geschäftsfähigkeit, Strassenverkehr)
- hohes Entscheidungsvermögen
- keinen Ekel vor sämtlichen Ausscheidungen, Blut und anderen Körperflüssigkeiten
- schweres Tragen (Patienten werden nicht schlanker, Durchschnittsgewicht 100 kg aus dem 4. Stock tragen / Extreme bis zu 750 kg nehmen zu)

Der Rettungsdienst ist kein Wunschkonzert, ihn gibt es 365 Tage im Jahr 24 h rund um die Uhr. Und solange das so ist, müssen auch die Schichten besetzt sein. Es kann sehr kurzfristig sein, und der Arbeitgeber erwartet auch Zusatzschichten wenn "Not am Mann" ist. d.h. man erfährt 30-60 Minuten vorher, dass man Arbeiten muss. Unter der Schichtarbeit leiden meistens die sozialen Kontakte zu Freunden, denn abends weggehen und einen trinken ist nicht, wenn man am nächsten Tag Tagschicht hat (12 h vor Dienstantritt, darf man keinen Alkohol trinken) und Abends ist man so kaputt, dass man meistens nicht mehr weggehen will sondern müde ins Bett fällt. Oder das andere extrem, Freunde fragen ob man mit weggehen will, muss aber absagen wegen Nachtschicht. Ich selbst hab es erlebt, anfangs waren die Freunde noch tolerant, inzwischen sind nur noch sehr wenige aus dem alten Umfeld vorhanden, der Rest hat sich wegen dieser Situationen abgewandt. Im Normalfall sitzt man 4-6 Tage auf Arbeit, je nachdem wie die Zeiten geregelt sind.

Aber nun zu den Ausbildungen die man im Rettungsdienst "erwerben" kann mit den folgenden Kompetenzen und Einsatzmöglichkeiten.

Rettungsdiensthelfer (RDH oder auch RH)
Dabei handelt es sich um eine spezielle Form der Ausbildung für Zivildienstleistende im Rettungsdienst. Entspricht in der theoretischen Ausbildung, der eines Rettungssanitäters (RS). Vorausgesetzt wird das vollendete 18. Lebensjahr, damit er auch als Fahrer eingesetzt werden kann. Die Ausbildung weicht von Bundesland zu Bundesland mit ihren Inhalten ab.
Es handelt sich bei der Ausbildung um 320 Stunden:
160 Stunden Theorie
80 Stunden Praktikum in einer Klinik (Anästhesie, Intensiv, Notaufnahme)
80 Stunden Praktikum auf einer Rettungswache (Anerkannte Lehrrettungswache)

Ein Rettungsdiensthelfer wird auf dem Krankentransportwagen (KTW) und dem Rettungswagen (RTW) als Fahrer eingesetzt. Rechtlich heißt es in den meisten Bundesländern "geeigneter Fahrer". Ansonsten ist er das 3. Besatzungsmitglied auf dem Fahrzeug. In Ausnahmefällen kann er auch auf dem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) eingesetzt werden, wird i.d.R. nicht praktiziert.

Nach weiteren 80 Stunden Praktikum auf einer Lehrrettungswache und noch mal 80 Stunden in einer Klinik kann ein Lehrgang für die Abschlussprüfung zum Rettungssanitäter gemacht werden. Dieser Abschlusslehrgang dauert 7-14 Tage und kostet zwischen 200-400 Euro, die vom Prüfenden selbst getragen werden müssen. Nach der Ausbildung verdient man ca. 900 Brutto zzgl. Zulagen von 50-130 Euro im Monat (Brutto).

Rettungssanitäter (RS)
Hierfür ist es zwingend erforderlich das 18. Lebensjahr vollendet zu haben, damit man das Fahrzeug fahren darf und auch man auch rechtlich Belangt werden kann. Dazu gehört noch eine gesundheitliche Eignung (Kostenpunkt ca. 80 Euro) und ein Augenärztliches Gutachten (ebenfalls ca. 80 Euro). Als Schulabschluss wird mindestens der Hauptschulabschluss vorausgesetzt oder eine abgeschlossene Berufsausbildung. Hierfür gibt es eine einheitliche Ausbildungsform in allen Bundesländern nach dem Ausschuss "Rettungswesen 1977".

Hierfür braucht man eine 520 Stündige Ausbildung:
160 Stunden Theorie (selbes wie beim Rettungsdiensthelfer)
160 Stunden Praktikum in einer Klinik (dort wird das legen peripher venöser Zugänge sowie die Intubation erlernt)
160 Stunden Praktikum auf einer Lehrrettungswache (dabei muss der Mentor ein Lehrrettungsassistent sein)
40 Stunden Abschlusslehrgang mit staatlicher Prüfung am Ende (Umfasst Theorie, Praktisches Fallbeispiel, und mündliche Prüfung)

Der Einsatz erfolgt meistens wie der eines Rettungsdiensthelfers (RDH), darf aber zusätzlich auf dem NEF (Notarzteinsatzfahrzeug) und auf dem NAW (Notarztwagen) eingesetzt werden. Unterschiede gibt es je nach Bundesland. Kompetenzen sind dort allerdings mehr vorhanden, im Rahmen der Notkompetenz dürfen die selben Maßnahmen wie von einem Rettungsassistenten ergriffen werden. Allerdings noch weniger rechtliche Absicherung, als bei einem Rettungsassistenten, da (noch) niemand diese Kompetenzen in einem Algorithmus festgelegt hat.

Nach weiteren 520 Stunden Praktischer Erfahrung auf einer Lehrrettungswache, kann man sich den Rettungsassistenten anerkennen lassen auf den verkürztem Ausbildungslehrgang. Weitere 1600 Stunden Praxis später, ist man dann staatlich anerkannter Rettungsassistent. Ansonsten kann man noch diverse Ausbilderscheine erwerben, die hier den Rahmen sprengen würden. Kostenpunkt für die Vollzeitausbildung liegt zwischen 1500-2000 Euro. Dazu kommen noch die Kosten für den Abschlusslehrgang von 200-400 Euro. Nach der Ausbildung verdient man ca. 1400 Brutto zzgl. Zulagen von 50-130 Euro im Monat (Brutto).

Rettungsassistent (RA oder auch RettAss)
Wie beim Rettungssanitäter ebenfalls, muss man das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dazu kommt wieder die Gesundheitliche Eignung sowie das Augenärztliche Gutachten. Als Schulabschluss wird ein Realschulabschluss vorausgesetzt, oder ein qualifizierter Hauptschulabschluss mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung.
Das ist die einzigste Ausbildung im Rettungsdienst, die nach dem Rettungsassistentengesetz von 1989 (RettAssG), rechtlich geregelt ist. Dabei handelt es sich um eine Ausbildung mit einer Gesamtstundenanzahl von 2800 Stunden, und dauert 2 Jahre.

Im ersten Ausbildungsjahr werden 1200 Stunden abgeleistet, die sich in Theorie und Praxis aufteilen. Am Ende des Jahres erfolgt eine Staatliche Abschlussprüfung.
Die Stunden teilen sich dabei in 780 Stunden Theorie und 420 Stunden Praxis auf.
Stundenmäßig setzt sich die Theorie wiefolgt zusammen:
200 Stunden medizinische Grundlagen (Anatomie, Herz- Kreislaufsystem etc.)
200 Stunden Notfallmedizin im Allgemeinen (Chirurgie, Internistisch, Kardiologie etc.)
170 Stunden Notfallmedizin mit speziellen Fällen (Pädiatrie, Gynäkologie etc.)
140 Stunden Einsatztaktik und Organisation
60 Stunden Rechtskunde (Berufs- Gesetzes- und Staatskunde)
10 Stunden Vorbereitung auf die Klinikpraktikas (praktischer Teil im ersten Jahr)

Die Praxis in der Klinik umfasst folgende Stunden:
60 Stunden Pflegepraktikum (auf einer "normalen" Station)
60 Stunden Notaufnahme
180 Stunden Anästhesiepraktikum
120 Stunden Intensivstation (in Ausnahmen auch Wachstationen)

Dazu kommen noch die "üblichen" 160 Stunden Rettungswachenpraktikum auf einer Lehrrettungswache während des ersten Ausbildungsjahres.

Im zweiten Ausbildungsjahr folgen dann 1600 Stunden Praktikum auf einer Lehrrettungswache, unter Anleitung eines Lehrrettungsassistenten. Davon müssen 51 % auf einem Rettungswagen als 3. Besatzungsmitglied gefahren werden, den Rest kann man als Fahrer eingesetzt werden. Zwingende Voraussetzung ist allerdings mindestens ein C1 Führerschein.

Eingesetzt wird der Rettungsassistent, als Verantwortlicher, auf dem Rettungswagen (RTW), Krankentransportwagen (KTW), Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) und dem Notarztwagen (NAW). Nach einer speziellen Zusatzausbildung ebenfalls auf dem Intensivtransportwagen (ITW), Rettungshubschrauber (RTH) oder dem Intensivtransporthubschrauber (ITH). Ein Rettungsassistent beherrscht alle Maßnahmen die im Rettungsdienst erforderlich sind, mit Ausnahme der rein ärztlichen (invasiven) Maßnahmen wie, z.B. das Legen einer Thoraxdrainage. Solange kein Notarzt vor Ort ist, hat der Rettungsassistent die alleinige Verantwortung und entscheidet über die getroffenen Maßnahmen am Patienten. Deswegen wird auch zu allererst wird der Rettungsassistent rechtlich belangt, im Falle einer Anklage.
Kostenpunkt der Ausbildung in Vollzeit beginnen ab 3500 Euro und enden bei bislang 12.000 Euro. Dazu kommen noch die Kosten für die Ärztlichen Gutachten, Führungszeugnisse etc. die in Summe noch mal ca. 500 Euro kosten, sowie der LKW Führerschein ab 1000 € losgeht. Allgemein also eine recht Umfangreiche finanzielle Aufwendung. Nach der Ausbildung verdient man ca. 1700 Brutto zzgl. Zulagen von 50-130 Euro im Monat (Brutto).

Weitere Fortbildungsmöglichkeiten als Rettungsassistent:
- Lehrrettungsassistent (unten Aufgeführt)
- diverse Ausbilderscheine
- Leitstellendisponent
- Weiterbildung als HEMS-Crew Member um auf einem Rettungshubschrauber tätig zu werden
- Weiterbildung in der Intensivmedizin um auf dem ITW oder ITH eingesetzt werden zu können

Lehrrettungsassistent (LRA)
Um Lehrrettungsassistent zu werden, muss man bereits das 24. Lebensjahr vollendet haben, sowie 2 Jahre Berufserfahrung im Rettungsdienst vorweisen. Idealerweise natürlich als Rettungsassistent. Genommen werden dafür nur Mitarbeiter die sich fachlich und menschlich besonders qualifiziert haben. Das ganze ist eine Zusatzausbildung auf den Rettungsassistenten mit einer Ausbildungsdauer von 120 Stunden (haben die Hilfsorganisationen vereinbart)

Mit dieser Qualifikation kann man Rettungsassistenten im Praktikum im 2. Ausbildungsjahr Betreuen und Ausbilden, sowie ein Dozent an einer Rettungsdienstschule werden. Über die genauen Stundenaufteilungen kann ich euch nichts sagen, da diese von Schule zu Schule unterschiedlich sind, und auch nicht gesetzlich geregelt sind. Kostenpunkt für diese Weiterbildung ab 1200 Euro. Danach verdient man ca. 1800 Brutto zzgl. Zulagen von 50-130 Euro im Monat.


Wie ihr also gemerkt haben solltet, ist das ganze finanziell kein Zuckerschlecken. Staatlich gefördert wird das nicht (mehr) und auch die Bundesagenturen für Arbeit sehen von Zahlungen zu einer Umschulung zum Rettungsassistenten immer mehr ab. Bislang habe ich auch noch keinen Kollegen getroffen, dem sein LKW Führerschein irgendwie gefördert wurde. Die meisten haben wie ich auch, alles aus eigener Tasche gezahlt. Für mich selbst hab ich die richtige Berufswahl getroffen und arbeite seit mehreren Jahren im Rettungsdienst, mit all seinen Tücken.
Allerdings ist es kein Geheimnis und jeder sollte eigentlich selbst drauf kommen - das ist ein Beruf, den man nicht bis zum Rentenalter ausüben kann, wegen der Körperlichen Belastungen wie schwerem Tragen und Schichtarbeit. Deswegen sollte man sich frühzeitig um eine zweite Ausbildung oder ein Studium bemühen, und jeder der was anderes sagt der hat keine Ahnung was er spricht. Natürlich gibt es Ausnahmen die es Durchziehen, aber die breite Masse ist mit 35-45 Jahren "verbraucht" und kann nicht mehr ...

Jedem der sich noch nicht hat abschrecken lassen, oder weitere Informationen haben möchte dem Rate ich zu einem Besuch auf www.rettungsfachpersonal.de Dort tummeln sich mehrere hundert Rettungsassistenten, Rettungssanitäter und Rettungsdiensthelfer. Ebenfalls sind dort Notärzte, sowie nennenswerte Polizeiführungskräfte wie H. Friedrich aus Hessen, und Feuerwehrler vertreten. Und wer sich gerne erst einmal in das Leben eines Rettungsassistenten einlesen möchte, dem empfehle ich die Triologie "und ein bisschen stirbt man doch ..." aus dem Faeries Inkpot Verlag.

Liebe Grüße
Sorae

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Hab noch einen Link gefunden, über die Ausbildung zum Rettungsassistenten abläuft. Allerdings wurde nie vom DBRD (Deutscher Berufsverband Rettungsdienst) gesagt, dass der Arbeitgeber die Kosten übernimmt. Davon Distanziert sich der DBRD auf einer anderen Internetseite.

Wie werde ich Rettungsassistent ?

Liebe Grüße
Sorae

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